2014-2015: Triebwagen 3
Der historische Triebwagen 3 der ersten Serie elektrischer Straßenbahnwagen in Nürnberg aus dem Jahr 1896 hat eine Verjüngungskur erhalten. Ziel dieses Vereinsprojektes war es, die besondere originale Substanz zu erhalten und zu sichern.
Als die Elektrotechnik noch in den Kinderschuhen steckte...
Das Historische Straßenbahndepot St. Peter hat ein besonderes Juwel: Der 1896 von der Waggonfabrik Herbrand (Köln/Ehrenfeld) mit elektrischer Ausrüstung der AEG hergestellte Triebwagen Nummer 3 repräsentiert den Aufbruch in die Elektrifizierung der Straßenbahn.
Schon 1924 wurde der Triebwagen 3 Museumswagen, der in den 1930er Jahren und zuletzt 1971 restauriert wurde. Besonders macht den Wagen nicht nur die vollständige historische Innenausstattung. Der Wagen besitzt noch heute die originalen Fahrmotoren der AEG (15 kW) in einer einfachen Widerstandsschaltung mit Gusswiderständen unter den Sitzbänken. Kuriositäten, wie ein Fahrmotorgruppenschalter im Holzgehäuse und elektromagnetischer Selbstauslöseschalter (beide um 1899 eingebaut), ausschließlich textilummantelte Kabel und originale Schleifringfahrschalter von 1896, machen den Triebwagen 3 einzigartig. Kein anderer Straßenbahn-Triebwagen in Deutschland aus der Anfangszeit des elektrischen Betriebes besitzt bis heute noch weitestgehend seine originale technische Ausstattung.
Die komplette Ausstattung des Nürnberger Triebwagens 3 gilt es daher auch in Zukunft zu erhalten – und manchen Schaden, der in letzten knapp 130 Jahren aufgetreten ist, galt es wieder zu beheben.
Unser Verein engagierte sich für den Erhalt
Zwischen Februar und Oktober 2015 erhielt der Triebwagen 3 eine schonende Verjüngungskur. Dabei wurden folgende Maßnahmen durchgeführt:
- Im Wageninneren haben sich an einigen Stellen Furniere abgelöst, gewölbt und sind teilweise auch bereits ausgebrochen. Diese wurden durch einen Holzrestaurator wieder angelegt und die Innenausstattung aus Mahagoni, Eiche und Esche wieder vervollständigt. Weitere Schäden konnten so abgewendet werden.
- Die Plattformdächer haben sich im Laufe der Jahre stark durchgebogen. An vielen Stellen sind Holzspanten gebrochen und wurden mehrfach nur provisorisch repariert. Ursächlich für diesen Schaden ist der Rückbau der Plattformverglasung in den 1930er Jahren. Dabei musste die Dachbeplankung auf Höhe der Metallstütze angesetzt werden. Der vordere, frei nach vorne herausstehende Teil des Plattformdachs war daher nicht fest mit dem übrigen Dach verbunden. Durch eine gebogene U-Schiene aus Stahl wurde der betroffene Spant stabilisiert und die Plattformdächer wieder in ihre ursprüngliche Position zurückgeformt. Eine geschweißte Metallschiene stabilisiert zudem den Dachkranz und wurde farblich durch Maserierung an den Bestand angeglichen.
- Im Bereich der Außenfassung wurde eine umfangreiche Befundung durchgeführt, um Aussagen zu Farbgebung und Geschichte des Wagens zu erhalten.
- Die maserierten Fensterrahmen und die Plattformdecke wurden retuschiert und abschließend mittels Lasur farblich angeglichen.
- Im Bereich der Außenfassung wurden die Fehlstellen der Lackierung retuschiert.
- Die Dachbespannung wurde mit einem neuen Schutzanstrich aus Bitumenlack versehen. Dadurch ist diese wieder elastisch und weniger brüchig. Im Bereich der Dachkanten über den Plattformen wurde ein neuer Leinwandstoff über die bestehende Bespannung aufgebracht, da die alte Bespannung in diesem Bereich stark beschädigt war.
Unser Bautagebuch (letzte Aktualisierung: 13.10.2015 - Abschluss der Restaurierungsarbeiten)
13.10.2015: Nach der farblichen Anpassung der Stahlkonstruktion kommt der Feinschliff: Die Plattformdecke und die Fensterrahmen werden gemäß der vorher bei den Untersuchungen und durch Bilder abgesicherten Erkenntnissen farblich angepasst. Eine fachmännisch vom Restaurator aufgetragene Lasur tönt die vorher hell gehaltenen Rahmen und Plattformdecken ab. Die Dachabschlussleiste wird ebenfalls farblich neu gefasst. Damit findet die Restaurierung des ersten elektrischen Wagens ihren Abschluss. Die offizielle Vorstellung des Wagens erfolgt am Wochenende 7./8. November 2015 im Hist. Straßenbahndepot St. Peter.
21.9.2015: Mit großen Schritten geht es der Fertigstellung entgegen: Nachdem die Plattformdächer nun durch eine stützende Konstruktion aus Stahl dauerhaft gesichert sind, kommt Farbe ins Spiel. Gleichzeitig die große Bewährungsprobe, ob sich die gewählte Konstruktion nach der Maserierung in Holzoptik auch gut in die alte Struktur einfügt. Wir finden es gelungen, denn ohne von der Stützkonstruktion zu wissen, erkennt man diese kaum. Ein herzliches "Danke" gilt dem Holzrestaurator, Herrn Puppich für die handwerklich tolle Leistung!
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Nachher |
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19.9.2015: Die Retusche ist abgeschlossen! Alle Fehlstellen, Risse und Lackabplatzer sind nun ausgebessert. Das Besondere: Die verwendeten Lacke sind - wie auch beim Pferdebahnwagen 11 - alkohollöslich und somit reversibel. Alle Änderungen können so zu einem später Zeitpunkt rückgängig gemacht werden. Abschließend fehlen jetzt nur noch die Maserierung der Stahlkonstruktion und die Lasur der Plattformdecke. Beide Arbeiten beginnen in der kommenden Woche!
30.8.2015: Vergangene Woche konnte nun endlich die Stützkonstruktion aus Stahl auch auf der zweiten Plattformseite fertiggestellt werden. An dieser Stelle herzlichen Dank an die Mitarbeiter der Firma Haber & Brandner GmbH, die wirklich toll gearbeitet haben. Anschließend haben wir die Teile grundiert und auch das Leistenmaterial an der Dachkante wieder angebracht. Als nächstes stehen nun die Retuschearbeiten am Fahrzeug an: An vielen Stellen ist der Lack abgeblättert. Diese Arbeit erfolgt nun Anfang September, sodass wir guter Dinge sind, bis zur Feier "30 Jahre Hist. Straßenbahndepot St. Peter" im Oktober das Restaurierungsprojekt abschließen zu können.
7.7.2015: Die erste Plattformseite ist nach der Montage der Holzleisten an der Dachkante endlich fertig. Schön zu erkennen ist, wie im Vergleich zu den ersten Aufnahmen vor der Restaurierung die klare Form des Dachs wieder zur Geltung kommt. Alle Elemente sind in hellbeigem Ton vorlackiert. Dieser dient am Ende als Grundton für die Lackierung in Holzoptik.
25.5.2015: Das erste Plattformdach ist nahezu fertig aufgearbeitet! Der geborstene Holzbalken und die Stahl-Stützkonstruktion sind fertig grundiert. Wenn die zweite Plattformseite fertiggestellt ist, werden die neuen Konstruktionen auf beiden Seiten masariert. Das gesamte Dach wurde gereinigt und mit einem Pflegeanstrich aus Bitumen versehen. Als nächstes werden noch die Leisten an der Dachkante montiert.
11.5.2015: Das erste Plattformdach ist wieder nahezu komplett! Die fehlenden Teile der Dachlattung wurden ergänzt. Um ein einheitliches Erscheinungsbild herzustellen, wurde ein neues Segeltuch über das ursprüngliche gespannt und mit der am übrigen Dach verwendete Bitumenfarbe gestrichen. Der mehrfach geborstene Holzbalken wurde gespachtelt. Als nächstes steht das Grundieren der Stahlkonstruktion und die Montage der Holzleisten an der Dachkante an. Anschließend ist die zweite Plattformseite an der Reihe.
2.5.2015: Die Aufarbeitung des ersten Plattformdachs hat begonnen. Nachdem die stützende Konstruktion aus Stahl eingebaut ist, wurde der morsche Holzabschluss mit Polyesterharz gefestigt. An einigen Stellen ist die Holzlattung bereits herausgebröselt. Hier muss nun ergänzt werden.
27. April 2015: Auf der ersten Plattformseite wird die stützende Metallkonstruktion eingepasst. Gut erkennbar: Die gebogene U-Schiene wird über den Spant gestülpt, sodass das Gesamtbild nicht beeinträchtigt wird. Im Endzustand wird die Metallschiene ebenfalls maseriert sein. Die erste Plattformseite wird in den nächsten Tagen fertiggestellt sein. Anschließend steht die zweite - leider wesentlich stärker geschädigte - Plattform auf dem Programm.
27. März 2015: Die Retusche an einem weiteren Teil der Innenverkleidungen ist abgeschlossen, was unser Vorher-/Nachher-Vergleich zeigt.
26. März 2015: Die Innenverkleidungen sind restauriert und wieder eingebaut. Da in der Vergangenheit Wasser eingedrungen war, hatten die als verleimtes Sperrholz hergestellten Verkleidungen den Zusammenhalt verloren. Nun ist wieder alles sicher befestigt und am rechten Ort. Auf den Bildern gut erkennbar sind die reparierten Verkleidungen und Retusche.
12. Februar 2015: Die Arbeiten am Triebwagen Nummer 3 beginnen. Der Holzrestaurator formt das durchhängende Plattformdach zurück und stabilisiert dieses mit einer Stützkonstruktion. |
Technische Daten des Triebwagens 3:
Reihe: | 1 - 36 | |
Hersteller: | Herbrand / AEG | |
Baujahr: | 1896 | |
Ausmusterung: | 1924 | |
Achsfolge: | Bo | |
Länge: | 6.030 mm | |
Breite: | 1.930 mm | |
Leergewicht: | 5.600 kg | |
Leistung: | 2x15 KW | |
Sitz- / Stehplätze | 16 / 12 |